© Finn Anjes Edling

Meerweg Sylt

Der Sylter Fischdrucker

© Julia Petersen


„Ein Tag könnte für mich vierzig Stunden haben und die würden nicht reichen“, gibt Millo Lüderitz offen zu, während er die Utensilien für sein Vorhaben munter zusammensucht. Parallel gießt er Tee ein und startet die Red Hot Chilli Peppers Platte im Spieler neu. An den mit Fotografien aus aller Welt verzierten Wänden reihen sich bunte Surfboards aneinander, auf der Vase neben dem Schlagzeug thront ein lila schimmernder Oktopus.

Millo Lüderitz ist gebürtiger Sylter, begeisterter Surfer, Handwerker, Familienvater und Künstler. Verständlich also, dass ein Tag mit vierundzwanzig Stunden zu kurz erscheint. „Mir fällt immer etwas ein, ich habe immer Ideen.“ Es ist jene Kreativität, die auch seiner Kunst, dem Fischdruck, zugutekommt. Gyotaku nennt sich die japanische Methode, deren Ursprünge in den späteren Jahren der Edo-Zeit (1603-1869), Japans letzte traditionelle Epoche, liegen. Außergewöhnliche, mitunter besonders große Fänge wurden damals mithilfe des Fischdrucks mit Stolz für die Ewigkeit dokumentiert. So ganz ohne Handykameras und Instagram, dafür mit Farbe, Pinsel und Stoff.

Für sich entdeckt hat Millo seine heutige Leidenschaft durch seinen Kumpel Olaf. Der bekam auf einer Hawaii-Reise davon Wind und erzählte ihm darüber, druckte zuhause auf Sylt zunächst eine Scholle, die bei Pius Regli im Manne Pahl einen ehrenwerten Platz fand und wenig später zur legendären "Mey-Scholle" wurde. Denn kein geringerer als Reinhard Mey kaufte das besondere Kunstwerk. Ein Jahr später, nachdem sich Millo den von Olaf designten Kalmar auf den Oberarm tätowieren lies und sie aus ihrem Marokko Urlaub zurückkamen, entdeckten sie eben genau jenes Tier und für Sylter Verhältnisse wirklich sehr seltenes Exemplar am Flutsaum. Der bislang glücklichste Fund und in ihren Augen ein bedeutsames Zeichen, das jahrelange gemeinsame Gyotaku-Projekte auslöste.

Inspiriert durch das Leben mit der Natur

© Julia Petersen

Wenn die beiden auf ihren Angeltouren in Portugal oder wohin es die Surfer auch zog, einen Fisch fingen, wurde die eine Hälfte zubereitet und die andere auf einen Stoff gedruckt. Die gemeinsamen Anfänge liegen nunmehr zwanzig Jahre zurück, mittlerweile hat Millo Lüderitz sein Handwerk perfektioniert und mit diversen Sylter Gastronomen kooperiert. Unter dem Namen „Meerweg“ verkauft er seine Kunstwerke sogar über die Inselgrenzen hinaus.

Bevor er jedoch einen der Fische bemalt, und das liegt ihm am Herzen, bedankt er sich bei dem Tier mit einer Zeremonie. „Das ist ein sehr wichtiger Teil für mich, unter anderem um meinen Respekt zu zeigen“. Von dem Moment an kann es quasi losgehen. Je nach Auftrag muss der richtige Stoff in der passenden Größe parat sein. Falls kein Farbwunsch vorliegt, entscheidet er intuitiv. Schwarz und Rot wirken auf Weiß sehr kraftvoll, ab und zu experimentiert er auch mit Lilatönen und Metallic-Effekten. Sobald der Fisch von ihm in die richtige Position gebracht wurde, dafür lässt er sich bewusst Zeit, geht es ans sorgfältige Bemalen, gefolgt vom vorsichtigen Stoffauflegen. Und dann kommt es zum wohl kraftvollsten und spannendsten Moment. „Für mich fühlt es sich jetzt so an, als würde die Seele in den Stoff übergehen“, beschreibt Millo den Zeitpunkt, während er achtsam und mit vollkommener Ruhe, ohne jegliche Ablenkung, den Stoff hochzieht.

Es muss sich gut anfühlen

© Julia Petersen

Eine Druck-Session dauert mitunter bis zu sechs Stunden. Meistens entstehen dabei mehrere Exemplare in verschiedenen Farben. Vom Rotbarsch bis zum Adlerfisch hatte er schon verschiedenste Sorten zu fassen. Die Textur ist dabei entscheidend. Eine Sylter Markele würde trotz ihres wunderschönen Musters für den Druck eher weniger in Frage kommen, da ihr Körper vergleichsweise glatt ist.
Meistens baut Millo anschließend aus Strandholz einen entsprechenden Rahmen, der den Druck hält, künstlerisch unterstreicht und die Geschichte des Fisches nochmal auf eine andere Ebene hebt. Denn das richtige Holz zu finden, ist ebenfalls eine Sache für sich. Alles muss zueinander passen, harmonisch sein und sich gut anfühlen.
So wie an diesem Tag, als der Oktopus gleich vier Facetten seiner Seele preisgibt.

Text: Julia Petersen

Aktuell präsentiert Meerweg Sylt Kunstwerke in der Café Kurve in Braderup, im TOFREE in Tinnum und S-POINT-SYLT in Westerland und gerne auf Anfrage.

Kontakt:
Millo Lüderitz
Instragram: @meerweg_sylt

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