© Julia Petersen

Das Sylter Archiv

Auf historischen, spannenden und überraschenden Spuren im Sylter Archiv

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„Sylter Archiv“, schon mal etwas davon gehört? Wer macht und lagert da eigentlich was genau? Geheime Schätze, längst vergessene Liebesbriefe und Karten, etwa wertvolle Sylter Juwelen? Der Fantasie sind womöglich keine Grenzen gesetzt. „Wir trinken Kaffee und bohren in der Nase“, stellt Elisabeth Westmore prompt mit ihrer typisch friesischen Ironie klar und räumt damit in lässiger Manier ein Klischee vom Tisch. Sie ist gebürtige Sylterin, Morsumerin um konkret zu sein, Sylter Familienforscherin und Historikerin. Ihre Karriere startete sie mit einer Buchhandelslehre in Westerland, gefolgt von einem Geschichts- und Germanistik Studium in Berlin und bevor sie in ihre Heimat zurückkehrte, lebte sie in England. Long story short. Die Sylter Geschichte kennt Frau Westmore wie keine andere Person. Für viele gilt sie mit ihrem geballten Insel-Wissen insgeheim (sie würde es nicht hören wollen) als „The Queen of Sylter Archiv“. Doch um sie geht es heute nicht. Auch das stellt sie schnell klar, doch diesmal ohne den schlagfertigen Humor. Im Fokus sind einzig und allein Sinje Lornsen, ihre Kollegin Katharina Streich und das Sylter Archiv. Letzteres steht seit März 2023 ohne Leitung da und wird mit viel Energie und Leidenschaft allein von den drei Frauen gewuppt. Ein Mammutprojekt, das ganz sicherlich keine Zeit zum Nasebohren lässt. Im Gegenteil. Frau Westmore kam als ehemalige Leiterin glücklicherweise aus ihrem Ruhestand zurück. Jedoch keineswegs als Dauerlösung, sondern zur Überbrückung „bis es jemanden gibt“.

Die Hüterinnen der Sylter Geschichte

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Die Seele des Sylter Archivs, das durch die Gemeinden mit einem begrenzten Budget finanziert wird, hat schon viel erlebt und gesehen. Logisch, könnte man sich denken, bei all den Akten, Unterlagen, Fotos, Kunstwerken, Ausstellungsstücken und anderen geschichtsträchtigen Teilen, die dort aufbewahrt werden. Drei Jahre nach seiner Gründung (1947) zur Rechtssicherung der Bevölkerung, wurde der Bestand bei einem Brand fast vollkommen zerstört. Ein derber Schlag für die bis dato getätigte Arbeit und die Sylter Geschichte. Einige wenige Ordner konnten gerettet werden. So zum Beispiel Schriften der Landvogtei, Dorfschaftsakten- und protokolle. Was damals übrig geblieben ist, wurde bei der Löschung auf einen Haufen geschmissen und dann in Kartons im Keller deponiert. Bis heute noch werden diese Überbleibsel professionell, archivgerecht und kostenintensiv verarztet. Das Metall der einzelnen Ordner, das aufgrund des Löschwassers begonnen hat zu oxidieren, wird dabei aufwändig herausoperiert. Mit helfenden Händen, Dachboden- und Kellerschätzen konnte der wertvolle Bestand des Archivs Schritt für Schritt wieder aufgestockt werden. „Bringt uns, was ihr habt“ lautete der Aufruf. Gesagt, getan. Uns so wurde etappen- und haufenweise Zeug in die erste und zweite Etage der Alten Post geschleppt. „Ich hätte da noch was Schönes, Altes…“, na klar, immer her damit.

Herausfordernde Bedingungen

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Fürs Begutachten, Einordnen und Aussortieren sind nun hauptsächlich Sinje Lornsen und Katharina Streich zuständig. Sie haben geschulte Blicke, großes Wissen und ein besonderes Gespür für diese Tätigkeiten. Sinje ist ebenfalls gebürtige Sylterin, studierte in Kiel Geschichte und Friesisch, kehrte zunächst für ein Praktikum und dann für eine Projektstelle im Sylter Archiv fest auf die Insel zurück. Mit ihrem persönlichen und beruflichen Hintergrund gilt sie als Botschafterin des Sylter Brauchtums der heutigen Zeit. Ihre Kollegin Katharina studierte ursprünglich Pädagogik und fand ebenfalls durch ein Praktikum ihren Weg ins Sylter Archiv. Mittlerweile ist sie am längsten von allen dort tätig und kennt sich bestens aus im einstigen Chaos, das nun, durch viel Hingabe, starke Nerven und mit viel Geduld Formen annimmt.

Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln. Die lassen durchaus zu wünschen übrig. So müssten die geretteten Akten ordnungsgemäß bei 18 Grad Celsius gelagert werden. Eine große Herausforderung in den derzeitigen Räumlichkeiten direkt unterm Dach, wo es im Sommer kochend heiß und im Winter sehr fröstelig werden kann. Abgesehen davon, müssten die zahlreichen Unterlagen eigentlich liegend aufbewahrt werden. Was nicht geht, da nicht ausreichend Platz in den sich durchbiegenden Holz-Regalen vorhanden ist. Einen klimakontrollierten, barrierefreien Neubau mit Büros und Werkstätten hätte die Seele des Sylter Archivs nach all den Strapazen sicherlich mehr als verdient. Damit die Sylter Historie und ihre Schätze auch fortan Bestand haben können. Denn „die Wahrheit liegt uns am Herzen. Und Geschichten kommen nicht aus Büchern, sondern aus Quellen“.

Text: Julia Petersen

Fundstücke aus dem Sylter Archiv

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Sie möchten das Sylter Archiv unterstützen? Dachbodenfunde und zweckgebundene Spenden werden gerne in Empfang genommen. Aktuell ist das Sylter Archiv für Besucher*innen vor Ort jeden Mittwoch im Zeitraum 10:30 – 13:00 Uhr erreichbar, telefonisch werktags im Zeitraum 10:30 – 14:00 Uhr. Sehr spannend ist die aktuelle hauseigene Serie „Fundstücke aus dem Sylter Archiv“, bei der Besonderheiten regelmäßig vorgestellt werden:
Folge 1: Lederpostkarte
Folge 2: Erbauseinandersetzung 1743

Kontakt:
Sylter Archiv
Stephanstraße 6 a
25980 Sylt / OT Westerland
Telefon: 04651/851-260
Fax: 04651/ 851-269
E-Mail: sylter-archiv@gemeinde-sylt.de 

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