© Schutzstation Wattenmeer/Rainer Borcherding

Der Schweinswal

Schweinswale vor der Sylter Küste

Was gibt es Schöneres, als im Sommer am Strand zu liegen, aufs Meer zu schauen und eine kleine, charmante Flosse auftauchen zu sehen? Charmant, weil es sich hierbei nicht etwa um einen Haifisch, sondern einen heimischen Schweinswal handelt. Nicht selten sind die dem Delfin ähnelnden Tiere allein unterwegs. Im Sommer tauchen gerne mal kleine Familien aber auch ganzen Schweinswal-Schulen auf, die dann munter entlang der Westküste schwimmen.

Bis vor hundert Jahren kamen Schweinswale so häufig vor, dass ihnen Sylter Fischer gezielt mit Netzen nachstellten. In den vergangenen Jahrzehnten ging der Bestand jedoch so drastisch zurück, dass sie 1982 als eine vom Aussterben bedrohte Tierart unter Schutz gestellt wurden.  Zum Erhalt des Bestands trägt auch das Walschutzgebiet einen wesentlichen Teil bei. Und das feiert just Jubiläum: Vor genau 25 Jahren wurde ein gut 1.200 Quadratkilometer großes Areal, das sich vor Sylt und Amrum zwölf Seemeilen hinaus aufs Meer erstreckt, als Teil des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ausgewiesen. Dadurch sind insbesondere die Fischerei – immer wieder verenden Schweinswale als Beifang in den Netzen – und der Bau von Windkraftanlagen in diesem Bereich untersagt. Für Schiffe gilt eine Begrenzung der Geschwindigkeit.

Die Meeressäuger fühlen sich in dem Schutzgebiet offenkundig wohl: Sie tummeln sich hier ganzjährig. Naturschutz-Organisationen schätzen den Bestand auf etwa 6000 Schweinswale. Das Schutzgebiet wird von mehreren tausend Schweinswalen als Nahrungs-, Kalbungs- und Aufzuchtgebiet genutzt und hat damit eine besondere Bedeutung für den gesamten Schweinswalbestand in der Nordsee.

Ganz neu sind in diesem Jahr die naturkundlichen Fahrradtouren "Auf den Spuren der Schweinswale"mit der Natuschutzbotschafterin Charlie Esser. Wer noch mehr über die Schweinswale erfahren möchte, sollte auch unbedingt das Erlebniszentrum Naturgewalten in List besuchen. Dort stehen die Schweinswale im Fokus, und das 3-D-Kino des Erlebniszentrums vermittelt den faszinierenden Eindruck, dass ein Schweinswal direkt um Sie herumschwimmt.

Infos über den Schweinswal

Die einzige heimische Walart

© Schutzstation Wattenmeer/Rainer Borcherding

2022 war der Schweinswal „Tier des Jahres“ - ein schöner Titel, der richtig toll klingt, aber leider auch einen faden Beigeschmack hat. Mit diesem imaginären Award setzt die Deutsche Wildtier Stiftung die langjährige Arbeit der Schutzgemeinschaft Deutsches Wild fort und möchte damit auf die Bedrohung des Schweinswals aufmerksam machen. Mittlerweile steht dieser auf der nationalen Roten Liste Deutschlands und wurde als stark gefährdet eingestuft.

Bis zu 185 cm lang können die weiblichen kleinen Tümmler werden, die Männchen sind mit einer Körpergröße von ungefähr 150 Zentimetern deutlich kleiner. Der Schweinswal ist Deutschlands einzige heimische Walart und für badende Personen eigentlich ungefährlich. Sie sind neugierige Geschöpfe, sehr schreckhaft und dennoch relativ zutraulich, trotzdem sollte man ihnen nicht absichtlich näher kommen, ihnen folgen oder sie berühren. Es könnte sein, dass die Schweinswale deshalb so zutraulich sind, weil sie beispielsweise mit den Wellenreitern bislang keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht haben. Auch wenn die Tiere harmlos erscheinen mögen, darf nicht in Vergessenheit geraten, dass sie Raubtiere mit Zähnen sind, die sich gegen aufdringliche Menschen zu wehren wissen.

Vor Sylt liegt das 1. Walschutzgebiet Europas

Walschutzgebiet Tafel am Lister Weststrand
© Lynn Scotti

Seit 1999 besteht das längst überfällige Walschutzgebiet, das überhaupt erste seiner Art in ganz Europa, vor der Westküste der Insel Sylt. Doch auch nach über zwanzig Jahren weist das Schutzgebiet Lücken auf. Es existieren bereits spezielle Gesetze und Schutzabkommen auf Bundes- und sogar EU-Ebene, jedoch hapert es bislang noch sehr an der Umsetzung. So sind beispielweise der Bau von Offshore-Windkraftanlagen, die Fischerei mit Stellnetzen sowie motorisierte Wassersportgeräte verantwortlich für das Sterben unzähliger Schweinswale. Alles was für den Schweinswal nicht berechenbar ist, kann für ihn gefährlich werden. Lebensbedrohlich ist jedoch nicht nur der Mensch, sondern auch natürliche Faktoren wie Parasiten, Krankheiten und Feinde wie der Schwertwal und der große Tümmler.

Wenig Schlaf und viel Fisch

Schweinswalflosse
© Mike Kuschereitz

Die meiste Zeit schwimmen die Tiere mit einer Geschwindigkeit von sieben Stundenkilometern dicht unter der Wasseroberfläche. Ihr maximales Tempo liegt bei rund zwanzig Stundenkilometern, das ist in etwa so schnell wie ein flotter Fahrradfahrer. Im Gegensatz zum Menschen braucht der Schweinswal keinen Schlaf, stattdessen ruht er mehrmals in der Stunde für vier bis sechs Sekunden an der Wasseroberfläche. Die Kommunikation der kleinen Tümmler erfolgt über Klicklaute, mithilfe eines Echoortungssystems können sie sich orientieren und ihre Nahrung aufspüren. Bis zu viereinhalb Kilogramm Fisch verputzen die freundlichen Meeresbewohner täglich. Makrelen, Heringe, Sandaale und Plattfische gehören zur Lieblingsbeute.

Wieso Schweinswal?

Schweinswal
© Schutzstation Wattenmeer/Rainer Borcherding

Doch wie kommt so ein hübsches und elegantes Tier zu diesem weniger schmeichelhaften Namen? Das könnte zum einen rein optische Gründe haben, denn anders als sein Artgenosse und Feind Flipper, weist der Schweinswal einen rundlicheren Kopf mit einer etwas gedrungenen Schnauze auf. Zudem wirkt der Körper etwas pummeliger. Der alte Aristoteles hat vor rund 2500 Jahren beim Sezieren des schweinegroßen „Fisches“ festgestellt, dass der ja eben auch innen gar nicht wie ein Fisch sondern eher wie ein Schwein aussieht. Und hat ihn Phokaina genannt – Meeresschwein. Zum anderen wird gesagt, dass der kleine Tümmler geschmacklich mit dem Schwein vergleichbar sei. Beurteilen, kann man das glücklicherweise heutzutage nicht mehr, denn anders als in den 50er Jahren, wo der Schweinswal auf den Tischen der Schlachter landete, ist er mittlerweile streng geschützt.

Weitere spannende Fakten

Wussten Sie, dass...

  • ... Schweinswale farbenblind sind? Dafür können sie allerdings im dunklen Wasser besser sehen als wir.

  • ... Schweinswale im Frühsommer vor Sylt ihre Kälber zur Welt bringen?

  • ... die dicke gummiartige Haut der Schweinswale sehr sensibel ist und viele Nervenzellen enthält, mit denen sie wesentlich mehr ertasten können als die Menschen?

  • ... sich die männlichen Schweinswale nach der Befruchtung oftmals direkt aus dem Staub machen?

  • ... die Zahl der Schweinswale in der Ostsee deutlich geringer ist als in der Nordsee?

  • ... die Schwangerschaft mit zehn bis elf Monaten länger als beim Menschen dauert?

  • ... das maximale Alter rund 20 Jahre beträgt, die meisten Tiere werden allerdings rund zehn Jahre?

  • ... sich der Schweinswal im Sommer in Küstennähe aufhält, weil das Wasser dort wärmer ist? Im Winter hingegen bleibt er lieber im tieferen Gewässer, da das Meer in Küstennähe schneller abkühlt.

  • ... dass der Schweinswal auch Braunfisch genannt wird?

  • ... dass das Ausatmen des Schweinswals wie ein Niesen klingt?

© Finn Anjes

Schweinswale vor Sylt

Charlie Esser von der Naturschutzgemeinschaft Sylt über die kleinen Säugetiere.

Die Geschichte des Walfangs und Walschutzgebiets

  • 1642
     

    Bunde und Tam Petersen aus Tinnum stechen als erste Sylter Walfang-Kommandeure in See. Der Walfang war für die Sylter überlebenswichtig. Die spärlichen Möglichkeiten der Landwirtschaft reichten als Lebensgrundlage nicht mehr aus, der Heringsfang war zusammengebrochen und so kam der Ruf aus Amsterdam nach mutigen Seeleuten für die abenteuerlichen Fahrten in den eisigen Norden für viele Sylter Familien zur rechten Zeit.

  • 1759
     

    Der Walfang bringt Wohlstand auf die Insel. Vor allem der aus dem Speck ausgekochte Tran war ein wertvoller Energieträger - ein gefangener Grönlandwal erbrachte rund 15.000 Liter Tran. Kapitän Uwe Peters baut das heutige Sylt Museum, wo noch heute die Geschichte des Walfangs und der Sylter Seefahrer bestaunt werden kann.

    zum Museum
  • 1872
     

    Der Raubbau an der Natur blieb nicht ohne Folgen. Ende des 19. Jahrhunderts ging kein Sylter mehr auf Waljagd. Nicht aus Gründen des Naturschutzes, sondern weil die sinkenden Bestände nicht mehr lohnten. In den zwei Jahrhunderten des Walfangs zwischen Grönland und Spitzbergen ließ jeder zehnte Seemann sein Leben auf See, getötet durch die Wale selbst, ertrunken oder erkrankt an Skorbut.

  • 1999
     

    Nach Jahren heftiger Auseinandersetzungen und hitziger Debatten um eine Novellierung des Nationalparkgesetzes, gelang es schließlich im Dezember 1999 das erste europäische Schutzgebiet für Wale vor Sylt und Amrum auszuweisen. Mit 1240 Quadratkilometern ist es das größte Schutzgebiet Deutschlands. Es erstreckt sich zwischen der Dänischen Grenze und Amrum bis zur Zwölf-Seemeilen-Zone und gehört heute zum Weltnaturerbe Wattenmeer. Statistisch tummeln sich darin bis zu 6.000 Schweinswale.

  • 2016-2017
     

    Der Wal-Pfad wird errichtet. Er besteht aus 22 Informationspunkten, die an den Strandübergängen entlang der gesamten Sylter Westküste zum Entdecken der Kleinwale einladen. Jede Tafel hat einen eigenen Themenschwerpunkt, so dass sich eine Radtour entlang der 40 Kilometer lohnt, um zum Schweinswal-Experten zu werden. Erst Recht dann, wenn sie mit der Sichtung eines Schweinswals gekrönt wird.

Die Big Five des Nationalpark Wattenmeer

  • 1
     
    Schweinswal © Schutzstation Wattenmeer/R. Borcherding

    Schweinswal

    Mit 1,50 m Länge und etwa 50 kg Gewicht ist der Schweinswal einer der kleinsten Wale der Welt. Bei ruhiger See können Sie mit Glück einen Schweinswal im Walschutzgebiet vor Sylt entdecken.

  • 2
     
    Kegelrobbe © Schutzstation Wattenmeer/Rainer Borcherding

    Kegelrobbe

    Die Kegelrobbe ist mit bis zu 330 kg und 2,30m Länge das größte Raubtier Deutschlands. Ihr Name ist in ihrer kegelförmigen Kopfform begründet. Die Jungtiere können zwischen November und Januar beobachtet werden.

  • 3
     
    Seehund © LKN.SH/Martin Stock

    Seehund

    Der Seehund ist kleiner als die Kegelrobbe und hat eine kürzere Schnauze. Die Jungtiere werden im Mai und Juni geboren und können gut bei einer Schifffahrt zu den Seehundsbänken beobachtet werden. Sollten Sie einen mutterlosen Heuler am Strand finden, halten Sie bitte Abstand und rufen Sie die lokalen Schutzstationen an.

  • 4
     
    Europäischer Stör © Schutzstation Wattenmeer/Rainer Borcherding

    Europäischer Stör

    Der europäische Stör ist in der Nordsee leider ausgerottet. Das letzte Exemplar wurde 1968 in der Eider gefangen. Seit 2008 läuft ein Wiedereinbürgerungsprogramm im Einzugsbereich der Elbe. Im Multimar Wattforum in Tönning ist er zu sehen.

  • 5
     
    Seeadler © Schutzstation Wattenmeer/Rainer Borcherding

    Seeadler

    Jeder kennt den Seeadler als deutschen Wappenvogel. Der mächtige Greifvogel brütet erst seit wenigen Jahren wieder an der Nordseeküste. Hier nutzt er vorwiegend Gänse, Möwen und andere Vögel als Nahrungsquelle.

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