© Finn Anjes l Sylt Marketing

Natürlich Sylt

Ausgabe Frühjahr 2024

Tag am Meer

Ein Hoch auf den Sylter Sommer und den Tag am Meer. Wir zelebrieren in aller Form das Glück der Sommerfrische und den Strand als Sehnsuchtsort - in der „Natürlich Sylt No.3“.

Historisches Schwarz-Weiß-Foto eines Surfers auf einer kleinen Welle
© Archiv Drath

Die perfekte Welle

und ihre Helden

Was hatte auf Sylt vor 72 Jahren seinen Ursprung und ist weit über die Inselgrenzen hinausgeschwappt? Genau: das Surfen. Mit einem Flirt-Move von Rettungsschwimmer Uwe Drath begann das Wellenreiten in Deutschland. Der Sylter wollte eine junge Frau auf der Westerländer Promenade beeindrucken. So ritt er eine Welle auf seinem Rettungsbrett bis an den Strand.

Sein Beispiel machte Schule und andere Sylter Rettungsschwimmer wie Uwe Behrens und Falk Eitner taten es ihm nach. Bevor die Helden des noch jungen Sports ihr Material professionalisierten und sich in Biarritz mit Boards, Neopren-Anzügen und Inspiration versorgten, nahm man mit dem Vorlieb, was es gab: ewig lange Rettungsbretter ohne Finne, schwere Tauchanzüge und viel Expertise im Umgang mit der Nordsee. Die Ursprünge der Surf- und Strandkultur und ihre Helden der 50er bis 70er Jahre sind jetzt Gegenstand einer multimedialen Ausstellung im Sylt Museum in Keitum - initiiert von den beiden Syltern Angelo Schmitt und Dennis Bullen.

Pioniere des Wellenreitens

Originale vom Scheitel bis zur Sohle

Uwe Behrens

Lachender Mann mit Basecap in einer hellen Küche
© Alexander Heil

„Eine Welle zu reiten ist eins der höchsten Gefühle."

Uwe Behrens ist der zweitjüngste von fünf Brüdern, die zwischen 1937 und 1942 in Westerland geboren wurden. Der Älteste und der Jüngste der legendären Behrens-Brothers sind bereits verstorben. Das Trio Dieter, Konrad und Uwe trifft man im Sommer fast täglich an der „Buhne 16". Denn Dieter und Konrad sind die Gründerväter des Strandlokals. Uwe hat als Koch in der Nordseeklinik gearbeitet. Jede freie Minute brachte er sein Know-how mit in den Familienbetrieb ein. Wenn er nicht arbeitete, war und ist er auf dem Wasser. Entweder mit dem Boot auf Makrelen- oder mit dem Surfbrett auf Wellenjagd. Mit seinem Stil hat er Generationen von Sylter Wellenreitern inspiriert.

Falk Eitner

Mann sitzt auf einem blauen VW Käfer bei Sonnenschein
© Falk Eitner

„Die ganz große Freiheit lag überall."

Wirklich wahre Kampen-Geschichten gefällig? Bei Bedarf sollte man unbedingt eine Tour durch das Dorf mit Falk Eitner (geb. 1942) buchen. Seine Spaziergänge sind amüsant und haben Tiefgang. Der Kapitän verbrachte ein Großteil seines Lebens in Kampen und auf den Weltmeeren. Als junger Mann erlebte er Abenteuer auf „großer Fahrt“, kam im Sommer zurück auf seine Heimatinsel, arbeitete als Rettungsschwimmer in Rantum und Kampen und gehörte in den 60er Jahren zu den Wellenreitern der ersten Stunde. Nach 25 Jahren auf hoher See wurde er sesshaft und war bis zu seiner Pensionierung Fährkapitän zwischen List und Havneby.

Sylter mit Vision

Im Gespräch mit Angelo Schmitt und Dennis Bullen

Der erste Meilenstein auf dem Weg zu einem Sylter Surf- und Rettungsschwimmer-Museum ist getan: Mit der Ausstellung „LSF52 Surf + Strand Kultur Sylt“ schufen die Sylter Angelo Schmitt und Dennis Bullen ein Must-see der Saison. Dort sorgen die Zwei in enger Zusammenarbeit mit Museumsleiter Alexander Römer für spannende Erkenntnisse über die Ursprünge einer Kultur, die auf Sylt inzwischen eine vierte Generation begeistert und für viele Sylter Locals identitätsstiftend ist.

Beschreibt mal, auf welche Art Euch der Sylter Strand und der entsprechende Lifestyle geprägt haben?

Dennis Bullen: Die Sylter Natur, Strand, Meer und Gezeiten sind, ich glaube da kann ich für uns beide sprechen, Kompass und Kraftquelle. Das Strandleben unserer Kindheit und Jugend hat unsere Leben extrem beeinflusst. Der Westerländer Strandabschnitt „Oase“ war für mich wie ein Zuhause. Meine Mutter, mein Stiefvater und ich haben dort im Sommerhalbjahr mehr oder weniger ununterbrochen gelebt, mein Stiefvater war dort Rettungsschwimmer. Der Rhythmus der Natur und all das, was man über den Sylter Strand wissen muss, ist mir dadurch in Fleisch und Blut übergegangen. Surfen und Skaten spielte für mich eine riesige Rolle. Im Winter waren wir dann an den Surfspots des Baskenlandes unterwegs.

Angelo Schmitt: Meine Eltern pflegten in den 70er und 80er Jahren auch einen extrem unkonventionellen Lifestyle - ziemlich hippiesk war es bei uns. Ich war mit meiner Familie sogar als kleiner Junge schon ganz klischeegemäß an die Küsten Indiens unterwegs. Als Jugendlicher wurde für mich der Sylter Strand, Wellenreiten und Skaten Lebensinhalt. Die Rettungsschwimmer und älteren Jugendlichen, wie Markus Mager oder Tom Knuth, die einfach damals schon legendär gut performten, waren meine Vorbilder. Eine Ehre, wenn man mit ihnen zusammen auf dem Wasser war oder auf selbstgebauten Rampen geskatet ist. Ich habe jahrelang als Rettungsschwimmer gearbeitet, habe aber meine eigenen Werte und einen Lebensstil gefunden, der bei weiten nicht so exzentrisch war wie der meiner Eltern.

Dennis, Du hast früh entschieden, dass Du erstmal lange und weit weg musst, bevor Du wiederkommen kannst ...

Dennis: Ja, das stimmt. Ich musste erst einmal weg, um dann neu auf die Insel blicken zu können. Ich habe nach dem Abi an der „Duborg-Skolen" in Flensburg, in Århus und in Australien studiert und einen Master für „Experience Economy“ gemacht. In meinem Studium habe ich dann auch erstmals ein Konzept für ein Sylter Rettungsschwimmermuseum entwickelt, um zu zeigen, wie wichtig sie für die Sylter Strandkultur waren und sind.

Die Surfszene umwehte immer ein Hauch von Abenteuer, Freiheit und großer Verbundenheit mit der Insel. Ist das heute noch so?

Dennis: Vielleicht nicht mehr in der Reinkultur wie in den 50er bis in die späten 90er Jahren. Aber auch heute gibt es diese wunderbare Dynamik: Die Älteren inspirieren die Jüngeren - mit ihrem Wissen über die Natur, mit ihrem Können auf dem Wasser, aber auch mit ihrem Lifestyle. Erlebnisse auf dem Meer verbinden, schaffen Identität. Der Surfspirit ist inzwischen ein Wirtschaftsfaktor, aber auf Sylt konnte sich die Strandkultur noch etwas Ursprüngliches und Einzigartiges bewahren. Auf der Eröffnung der Ausstellung war das deutlich zu spüren. Es kamen Menschen der unterschiedlichsten Generationen zusammen, die solche offiziellen Termine eigentlich meiden. Es war ihnen aber offenbar wichtig zu kommen, weil sie sich wohl mit dieser Ausstellung identifizieren können. Das zu erleben, war für Angelo und mich das schönste Geschenk.

„Was Sylt wirklich sexy macht? Der Surfspirit!"

Ein Denkmal für die Sylter Surf- und Strandkultur

Porträtfotos von Angelo Schmitt und Dennis Schmitt nebeneinander in Schwarz-Weiß
© Angelo Schmitt und Dennis Bullen

 „Die Sylter Natur, Strand, Meer und Gezeiten sind Kompass und Kraftquelle. Das Strandleben unserer Kindheit und Jugend hat unsere Leben extrem beeinflusst."

Dennis Bullen (Jahrgang 1983) ist Inselkind durch und durch. Überzeugter Sylter. Aber keiner von der Sorte, der das bunte Treiben auf der Heimatinsel ausschließlich durch die rosarote Brille betrachtet. Er hat die Welt gesehen, in Dänemark und Australien gelebt und studiert, ist vor ein paar Jahren zurückgekommen. Durch die Erfahrungen außerhalb des Inselkosmoses konnte er sich diesen unaufgeregten, weiten Horizont bewahren. 

Porträtfotos von Angelo Schmitt und Dennis Schmitt nebeneinander in Schwarz-Weiß
© Angelo Schmitt und Dennis Bullen

„Auf jeden Fall ist es höchste Zeit, einmal zu dokumentieren, was Sylt in seinen Grundfesten ausmacht und was hier seinen Ursprung hatte."

Vergleichbare Tugenden besitzt Angelo Schmitt (Jahrgang 1973). Der Unternehmer, Künstler, Surflehrer, Aktivist für Umwelt, Jugend und Sport ist quasi die fleischgewordene Sylter Strandkultur. Vor zwei Jahrzehnten war er ein großes Vorbild für Dennis. Heute realisieren die beiden ein Projekt, das ihnen schon lange am Herzen liegt: Eine multimediale, lebendige und vielschichtige Hommage an die Helden der Surfkultur, die die Insel prägte wie kaum etwas anderes.

Wie kamt Ihr auf die Idee mit dem Museum?

Angelo: Überall auf der Welt gibt es Strand- und Surfmuseen. Denn diese Lebensart der Locals, die am Strand große Teile ihres Lebens verbringen, inspiriert viele Menschen, bestimmt die Identität von Küstenorten, macht sie zu Sehnsuchtsplätzen. Surfenden Menschen, insbesondere Syltern, liegt es meistens aber nicht so, viel über sich selbst und ihren Lifestyle zu sprechen. Deshalb liest und erfährt man auf Sylt wohl auch viel mehr über Spitzenköche als über die Menschen, die am Strand und auf dem Wasser leben und arbeiten.

Dennis: Stimmt. Die Skate- und Surfszene auf Sylt ist eine Community, die ohne große Worte auskommt. Sylter Friesen haben eine angeborene Skepsis gegenüber Offiziellem. Wunderbar, dass es auf Sylt trotzdem schon in den 70er Jahren einen ersten Surfclub gab und heute am Brandenburger Strand ein Clubhaus, um den Nachwuchs zu fördern. 20 Jahre nach der ersten Idee wird jetzt wohl auch endlich der Plan vom „Multipark" Wirklichkeit. Wir brauchen authentische Orte der Begegnung. 

Angelo: Es war höchste Zeit zu dokumentieren, was Sylt in seinen Grundfesten ausmacht und was hier seinen Ursprung hatte. Es gab ja schon das Museumskonzept von Dennis, das wir gemeinsam weiterentwickelt und dann im Sport-, Jugend- und Kulturausschuss der Gemeinde Sylt vorgestellt haben. Museumsleiter Alexander Römer hat das sofort verstanden und sich für die Ausstellung stark gemacht  - als ersten Step zu einem Museum.

Ich hatte einen wunderbaren Fundus an alten Brettern, Requisiten und Exponaten aus der frühen Zeit des Rettungsschwimmens und Surfens. Außerdem haben wir im Sylter Archiv großartiges Originalmaterial gefunden. Zudem kennen wir natürlich alle Helden jener Zeit persönlich. Unsere Ausstellung lebt von Filmen und Interviews, die wir mit den „Jungs“  von der „Buhne 16“  (= die Behrens-Brüder, Gründer des Strandlokals und Surf-Pioniere), mit dem Sohn des Surf-Pioniers Uwe Draht, mit Kapitän und Ex-Rettungsschwimmer Falk Eitner und vielen anderen geführt haben.

Interview-Dreh mit zwei älteren Männern, Kamera- und Lichttechnik im Raum
© Angelo Schmitt
  • Wo passender als im Surf Club Sylt hätten die Interviews für die Ausstellung stattfinden können? Hier im Bild die ehemaligen Rettungsschwimmer Falk Eitner (links) und Gaston Surtmann.

„Gruselig schön"

Die Legenden der Sylter Surfkultur über Wellen, Surfen und das höchste aller Gefühle

Wenn sie von ihrer aktiven Zeit am Strand erzählen, ist es mucksmäuschen still im Raum. Die Rettungsschwimmer-Clique um Uwe Behrens und Falk Eitner und mit ihnen viele andere blicken zurück auf die Anfänge der Surf- und Strandkultur. Fotograf und Filmer Louie Angenendt hat aus ihren Erinnerungen Worte und Bilder für die Ewigkeit gemacht.

Surfer im Wasser, fotografiert von einem Mann am Strand, Postkarte von 1963
© Archiv Drath
Ach die schon wieder. Das haben die Leute sicher gesagt, weil wir ja schon so wild aussahen.
Falk Eitner
Plakat zur Ausstellung „Surf + Strandkultur Sylt“ mit Typografie und Surf-Motiv
© Uwe Drath
  • „Wenn Du da auf dem Brett stehst. Das Gefühl der Überlegenheit, wenn Du die Welle gekriegt hast... ."
    (Walter Viereck)

Plakat zur Ausstellung „LSF52“ mit Retro-Strandfoto und Ausstellungsinfos
© Uwe Drath
  • „Uns haben die Wellen fasziniert und der Lärm, den sie gemacht haben über der Stadt. Unglaublich. Vor allem, weil kein Wind war, total ruhig, nur das Rauschen und das Schlagen der Wellen war zu hören. Schön. Gruselig schön." (Uwe Behrens)

Hattet ihr bei der Umsetzung Eurer Ausstellungsidee viel Unterstützung?

Dennis: Die Sylt Marketing unterstützt das Projekt logistisch und hat den Fotografen und Filmer Louie Angenendt finanziert, mit dem Angelo und ich schon vorher diverse Projekte realisiert haben.

Angelo: Für die Ausstellung haben z.B. die Tischler der Gemeinde Kampen eine Original-Rettungsschwimmerkarre gebaut, in der man die Filme und Interviews anschauen kann. Damit hat Kampen das Projekt gesponsert. Und so gibt es etliche Unterstützer, wie „Hafen 9", „Samoa Seepferdchen", „Inselkind" oder „Buhne 16", die sich für die Vision begeistert haben. 

Die Ausstellung im „Sylt Museum“ ist ein Probelauf für Euer Museumsprojekt. Alexander Römer, der bei der „Sölring Foriining“ (= Sylter Verein) alle Museen leitet und Ausstellungen kuratiert, hat Euch mit Rat, Tat und seinem Sachverstand unterstützt.

Angelo: Dafür sind wir total dankbar. Für die Ausstellung steht uns ein Raum im Museum zur Verfügung. Darin beschränken wir uns auf die ersten drei Jahrzehnte des Wellenreitens auf Sylt. 

Der eigentliche Anfang der Surferei war ja schon im 12. Jahrhundert - das belegt Höhlenmalerei in Polynesien. Dann kam das Ganze im 18. Jahrhundert nach Hawaii, fand aber erst viel später Verbreitung an allen Küsten. Wir auf Sylt steigen dann erst 1952 ein. Noch bevor Sylter wie die Behrens-Brüder oder Jürgen Hönscheid die ersten richtigen Bretter aus Biarritz und den USA nach Sylt exportierten und später ihre Boards auch selbst bauten, hatten wir halt Rettungsschwimmer Uwe Drath, der im Sommer 1952 mit seinen eigenen Worten „einem Kurschatten auf der Promenade schöne Augen machen wollte“. Er schnappte sich sein ewig langes Rettungsbrett ohne Finne, Leash oder einer konkreten Vorstellung von dem, was er da vorhatte, paddelte raus, bekam eine Welle und surfte ans Ufer. Das und alles, was danach geschah, erlebt ihr in der Ausstellung.

Bei der Eröffnung waren fast alle der Sylter Pioniere persönlich in Keitum dabei.

Dennis: Ja, die Legenden und alle anderen surfenden Generationen und deren Sympathisanten kamen auch. Es war wie ein großes Familientreffen. Ein Moment der Einmaligkeit, bedeutsam, mit reichlich Magie. Auch das Feedback war sehr berührend - wir hatten natürlich gehofft, dass es so werden würde - aber wissen kann man das ja nie.

  • Interview: Imke Wein

  • Dieses Interview wurde an einem „very special place“ geführt: In den verlassenen Hallen des „Kaufhaus Stolz“ ermöglicht Angelo Schmitt, Rollsport begeisterten Jugendlichen sich zu treffen und ihrem Sport nachzugehen. Das Areal gehört der Firma „Lidl“, die hier neu bauen wird. Bis dahin hat das Unternehmen jedoch das Gebäude gratis für die Sylter Jugendarbeit zur Verfügung gestellt.

Kurz & Knapp

Die Ausstellung

Die Ausstellung LSF52 Surf + Strand Kultur Syltblickt auf die faszinierende Geschichte des Surfens, beschränkt sich dabei aber zunächst auf die 50er, 60er und 70er Jahre. „LSF52“ bietet keinen Schutz vor Sonnenbrand, dafür aber einen reichen Fundus an Requisiten und Exponaten. 

Zu den Exponaten gehören Boards und Surf-Equipment ebenso wie Rettungsgeräte und -ausrüstung wie Tröten und Leinen. Dazu kommen Interviews mit den Surfpionieren sowie Fotos und „Super 8“-Aufnahmen aus privaten Sammlungen und aus dem Sylter Archiv. 

  • 5. Mai 2024 bis 5. Januar 2025

  • Sylt Museum, Am Kliff 19, Keitum

  • Eintritt: 6 Euro (mit Gästekarte), Kinder 2,50 Euro

Historisches Foto: Sieben Männer mit bunten Longboards stehen lachend im Sand vor einer Düne auf Sylt.
© Archiv Eitner
© Martin Haake

Menschen am Strand

Eine Typologie

Die Sehnsucht nach Strand ist nichts, was auf der menschlichen DNA verankert wäre. Obwohl die weltweiten Urlaubsentscheidungen das Gegenteil suggerieren. Aber: Strände waren bis vor 250 Jahren zu nullkommanix Sehnsuchtsorte. Vielmehr Inbegriff von Gefahr und drohendem Unheil. Naturgewalten und wilde Stürme konnten Existenzen und Leben in einer Nacht zerstören. Am Strand erwartete den Mensch nicht selten Gewalt durch Feinde und Piraten. Verfaulte Lebensmittel von gekenterten Schiffen und eingeschleppte Krankheiten der Seeleute bedrohten die Gesundheit. Reichlich Grund jedenfalls, Strände ausschließlich zum Broterwerb oder zur Strandräuberei zu betreten.

Erst gegen Ende des 18. Jahrhundert waren es Genies wie Johann Wolfgang von Goethe oder Romantiker wie Caspar David Friedrich, die sich von den Küsten der Meere inspirieren ließen und sie in Wort und Bild kunstvoll verewigten. Etwa zeitgleich machten fortschrittliche Mediziner Mut, nicht nur in Flüsse und Seen, sondern auch mal ins Meer zu hüpfen. Die wohltuende Wirkung des Seeklimas wurde in den kommenden Jahrzehnten intensiv gepriesen und von immer mehr Menschen entdeckt. Einheimischen blieben den Lustbarkeiten des Strandes gegenüber lange Zeit reserviert.

Westerland wurde 1855 Seebad und zählte in seiner ersten Saison ganze 100 Sommerfrischler. 168 Jahre später verzeichnet die Insel Sylt knapp eine Million Gäste. Illustrator Martin Haake hat für die „Natürlich Sylt“ mal eine Typologie der Strandgänger im Hier und Jetzt entwickelt. 

Ausgezeichnet!

Martin Haake

Schwarz-weiß Portrait von Martin Haake mit Rollkragenpullover
© Martin Haake

Martin Haake arbeitet international als freier Illustrator. Nach Jahren in Hamburg und London lebt er jetzt in Berlin. Zu seinen Kunden zählen die „New York Times", das „Wall Street Journal“, „National Geographic“ und auch wir von der Sylt Marketing konnten den vielfach preisgekrönten Kreativen schon für Projekte gewinnen. So auch für die Idee, die klassischen Sylter Strandtypen in einem exklusiven „Wimmelbild“  zu porträtieren.

Der Berliner ist mit dem Thema Küste und Meer innig verbunden: Sein jüngstes Buch, das er zusammen mit Autorin Judith Homoki veröffentlicht hat, heißt „Am Meer“. Es erklärt die Welt der Küsten im großen Format und lässt die Betrachter entlang der Ozeane der Erde reisen. Ein Bilder- und Sachbuch mit Karten, spannenden Geschichten und erstaunlichen Fakten.

Illustratives Buchcover mit Strand- und Meerszenen, Schiffen und Menschen
© Judith Homoki / Martin Haake

Sylter Strandtypen

Unter den Sylter Friesen gibt es bis heute etliche, die schon seit Jahren nicht mehr am Strand waren. Radikale „Strandmeider“ unter den Gästen sind dagegen eine verschwindend geringe Minderheit. Ob Local oder Gast - wie nun jeder Einzelne das Strandvergnügen entlang unserer 40 Kilometer Westküste zelebriert, ist bunt wie das Leben. Wir haben ein paar „gängige Strandtypen“ in Wort und Bild porträtiert:

Die Frühbadenden

Ausgeprägte Individualisten mit Hang zu "liebenswerter Kauzigkeit"

  • Kommen im Sommer zwischen 6 und 9 Uhr. Verbleiben selten länger als fünf Minuten im Wasser.

  • Tragen Bademantel mit nix drunter oder maximal Jogginglook.

  • Lassen sich weder von Wind noch von Wetter in ihren Badegewohnheiten erschüttern.

  • Die Ambitionierten baden bis tief in den November hinein und zelebrieren ihr Morgenritual spätestens ab Mai. Die Ultras baden im Winter durch.

  • Hohe Frühbaderdichte Übergang Seestraße in Wenningstedt, Sturmhaube in Kampen, Badestelle am Morsumer Watt.

Die "Frühbadenden" sind eine Form der Sylter Strandtypen
© Martin Haake

Die Strandcliquen

Zwischen Strandfreundschaft und Schicksalsgemeinschaft

  • Treffen sich alle Jahre wieder in den Sommerferien am selben Strandabschnitt.

  • Kommen nach einem ausgedehnten Frühstück mit Sack und Pack und bestem Proviant zusammen.

  • Raues Wetter provoziert Ausgelassenheit, Vertrautheit und Spielfreude. „Cliquen de luxe" tauchen nur bei Sonnenschein auf.

  • Nicht selten entstehen in der Sylter Sommerfrische Freundschaften fürs Leben, manchmal auch Liebe. 

  • Mitglieder von Strand-Cliquen brauchen Platz für ihr Equipment und das Zubereiten des Proviants.

  • Hohe Cliquendichte an den Lister Weststränden, Buhne 16 in Kampen und Samoa in Rantum. Local-Strandcliquen: Strandübergang Risgap, Wenningstedt.

Die Strandcliquen sind eine von sechs Sylter Strandtypen
© Martin Haake

Die sportlichen Aktivlinge

Lasset die Spiele beginnen

  • Joggende haben Stöpsel in den Ohren und Technik zum Tempo- und Bioparametermessen am Arm.

  • Wellenreitende sorgen für dramaturgische Höhepunkte an Land und zu Wasser.

  • Sind untereinander über den „Swell" und alle relevanten Themen in beständiger Kommunikation.

  • Beachvolleyball-Teams bilden sich überall da, wo Netze sind.

  • Kostenlose Strandgymnastik und individuelle Fitness-, Pilates-, Meditations- und Yoga-Angebote gibt es an allen Hauptstränden entlang der Westküste.

Sportliche Aktivlinge gibt in mehreren Unterkategorien, darunter:

Die sogenannten Sportlichen Aktivlinge sind eine Form der Sylter Strandtypen
© Martin Haake

Die Wandernden

Pilgernde am Flutsaum

  • Hohes Aufkommen insbesondere im Frühjahr und Herbst zwischen 11 und 18 Uhr zwischen Westerland und Kampen.

  • Tragen Funktionskleidung und hoch gekrempelte Hosenbeine.

  • Weit verbreitet ist das Sammeln und Suchen von Muscheln oder Bernstein.

  • Sind Begleithunde dabei, dann zumeinst mit neonfarbenen Laufleinen.

  • Sind mit kleinem Proviant-Rucksack und Wasserflasche unterwegs.

Die "Wandernden" ist eine Form der Sylter Strandtypen.
© Martin Haake

Die Körbchenfraktion

Im Strandkorb zuhause

  • Haben tägliche Strandzeiten, die in der Länge einem Arbeitstag gleichkkommen.

  • Keine Schönwettergäste. Bei Schietwetter wird der Korb gegen den Wind gedreht und der Dinge geharrt - mit Buch, Wollpulli und Thermoskanne.

  • Strandkorb wird weit im Voraus gebucht oder man hat ohnehin einen Jahreskorb mit seit Jahren gleicher Nummer.

  • Nicht alle, aber viele Körbchenfans schätzen das tägliche Brandungsbad.

  • Hohe Körbchendichte am Westerländer Hauptstrand und an allen FKK-Stränden und Hundestränden.

Die sogenannte "Körbchenfraktion" ist eine Form der Sylter Strandtypen
© Martin Haake

Die Sundowner

„Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt"

  • Versammeln sich, wenn sich ein Sonnenuntergang mit orangener Kugel anbahnt.

  • Bringen ihr Getränk mit oder kommen an die Spots, wo die Gastronomie entsprechend eingestellt ist.

  • Sehr beliebt für das Sunset-Ergeignis sind die hohen Dünenplattformen entlang der Westküste.

  • Sonnenuntergänge taugen nichts, wenn sie nicht auch fotografiert und die Fotos an die Liebsten daheim verschickt werden.

  • Sonnenuntergangfans versichern: „Kein Sunset ist wie der nächste!"

"Die Sundowner" sind eine Form der Sylter Strandtypen
© Martin Haake

In bester Gesellschaft

Hier nicht dargestellt, aber ebenfalls als Strandgänger nicht zu unterschätzen

Warum ist´s am Meer so schön?

Kolumne von Imke Wein

Porträt einer Frau mit rotem Sonnenhut vor blauer Tür
© Imke Wein
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6.520.000 Ergebnisse spuckt Google aus, gibt man die Suchbegriffe „Zitate & Meer“ ein. Da ist viel Schönes dabei wie: „Das Meer ist keine Landschaft, es ist das Erlebnis der Ewigkeit“. Aber eben noch viel mehr Kalenderspruchweisheit, die das Stilempfinden trifft, wie die Nesseln einer Qualle bei Ostwind - à la: „Egal, wie viel Geld Du hast, am Strand ist Meer.“ Sei’s drum. Alles Geschmacksache. Und auf die Schlussfolgerung hat die Qualität der Ergüsse eh keinen Einfluss: Die Sehnsucht nach Horizont, nach Sand zwischen den Füßen, nach Wellengeplätscher, dem Rhythmus von Ebbe und Flut, der Urgewalt des Ozeans berührt offenbar die Seele weit mehr als der Anblick eines Baggersees - egal, ob Du Thomas Mann bist oder Gelegenheitsdichter.

Meer inspiriert, verzückt, entrückt, ist eine existentielle Erfahrung, Sehnsuchts- und Kraftort. Nur getoppt von der Inspirationswucht der romantischen Liebe und ihrer Unbill. („Liebe & Zitate“ = 37,8 Millionen Ergebnisse bei Google.)

Auf die Frage, wieso Menschen aller erdenklichen Lebenshintergründe denn nun eigentlich so gerne am Meer rumlungern (alle außer ein paar Sylterinnen und Sylter vielleicht, die nachweislich lieber in ihren Gärten Kräuter zupfen als an den Strand zu gehen) gibt es haufenweise Studien und psychologische Erkenntnisse.

Alle Studienergebnisse der Welt hier in einer Kurzversion: 

1. Unter allen Naturlandschaften hat Wasser die beruhigendste Wirkung. Für zwischendurch hilft da also auch ein Tümpel. Allein das Meer ermöglicht jedoch ein allumfassendes Sinneserlebnis: Das blau-grün-türkisfarbene Lichtwellenspektrum wirkt nachweislich stressmindernd (wobei die Nordsee eher selten Türkis zu bieten hat, keine Ahnung, ob sich das irgendwie auf das Ergebnis der Studie auswirkt!).

2. Der Blick auf den Horizont suggeriert die sonst seltene Wahrnehmung von Unendlichkeit, das kann selbst der Offshore-Park vor Sylt nicht zerstören. Die Geruchssinne werden mit einer salzig-klaren Frische (mit unterschiedlichen Subnoten) beglückt ebenso wie die Geschmacksknospen.

3. Die Aerosole und das Bad im Meer vitalisieren und stärken die Lunge und das Immunsystem. Die im Sommer oft unmittelbare Berührung der Haut mit Wasser, Sonne, Sand schafft Verbindung zwischen Körper, Geist und dem großen Ganzen. Die sensorische Ebene erdet und macht die Ursprünglichkeit fühlbar. 

Illustration einer springenden Person mit gelbem Shirt auf blauem Hintergrund
© Martin Haake

4. Die Wellenmelodie wirkt auf das Gehirn wie eine Meditation - wird daher auch in Traumatherapien eingesetzt und natürlich in jedem Spabereich mit profaneren Absichten.

5. Die Urgewalt und Größe des Ozeans minimiert die persönlichen Sorgen und das Gefühl von eigener Bedeutsamkeit - diese Wirkung sollte man gezielt in der Politik einsetzen.

Alles in allem Erkenntnisse, die einen besonders als Meeresanwohnerin im Wissen bestärkt, dass man die geballte Pracht für Wohlbefinden, Balance und Charakteroptimierung einfach mal so vor der Haustür hat.

Dazu kommt auf Sylt noch eine Zugabe: Bei uns kann man fast nirgendwo von der eigenen Terrasse direkt an den Strand fallen. Man muss Holzwege beschreiten, durch Dünenlandschaften spazieren, hoch und runter durch tiefen Sand stapfen, bevor sich Sehnsucht erfüllen kann und man den Kosmos der sinnlichen Herrlichkeiten endlich betritt. Ähnlich also wie in der Liebe und an Weihnachten. Anbahnung und Vorfreude ist einfach die Kirsche auf der Torte.

©  Georg Heimberger l Sylt Marketing

Sylt spielt

Das Strandquartett

Bescheidenheit beiseite: Es ist völlig okay, wenn weltgereiste Menschen vom Sylter Strand behaupten, er gehöre zu den Schönsten auf dem Erdenrund. Sogar US-amerikanische Medien wie das „Time Magazin“ attestieren ihm diese Qualität. Sylt verfügt über 40 Kilometer ununterbrochene Pracht: feinster Sand, Dünen oder Kliff auf der einen Seite, weites Meer auf der anderen. In seiner Breite liegen die Sylter Strände - je nach Windstärke, Tidenstand, Jahreszeit und dem Status Quo der Sandvorspülung - zwischen 50 Metern an den schmalsten Stellen und monumentalen 250 Metern an den breitesten Stellen (z.B. aktuell in Kampens Norden). Wer oder was kann da mithalten? Und die Zugabe: Auch an ihrer Ostküste glänzt die Insel mit zauberhaften Sandufern, an denen man meistens völlig allein im Paradies ist und bei Flut auch super baden kann. 

Wir haben ein kleines Strandquartett mit Strandtipps für unterschiedliche Bedürfnisse gemischt. Vier Kategorien, 16 Strände - vom Klassiker bis zum Insider-Beach.

  • Robinson Strände

  • Sport-Beaches

  • Schönster Weg an den Strand

  • Die Evergreens

40

Kilometer Strand zwischen Hörnum und List

8000

Strandkörbe an den Stränden längs der Westküste

4

Strandsaunen für Wellness auf die friesische Art

1714

Sonnenstunden im Jahr

Kategorie 1

Robinson Strände

Für alle, die bei vollen Stränden hektische Flecken bekommen: Sylt verfügt zwischen Hörnum und List über ein gutes Dutzend Strandbereiche, an denen man sich allein der Luft, dem Wasser, der Ruhe, dem Rauschen und den Vogelstimmen hingeben kann. Auszeit deluxe. 

Kategorie 2

Sport-Beaches

Ist ein Saunagang eigentlich auch Sport? Wie auch immer: auf Sylt gibt es jedenfalls die allerbesten Strandsaunen überhaupt (in List, in Hörnum, in Rantum Campingplatz und in „Samoa“, Rantum) und Strände, an denen man Surfen lernen, Volleyball- und Beachballturniere ausfechten kann oder zu gymnastischen Übungen angeleitet wird. 

Kategorie 3

Schönster Weg an den Strand

Der Weg ist bekanntlich das Ziel. Die wunderschönste mentale Vorbereitung auf einen Sylter Strandtag erlebt ihr hier. Landschaftlich der Knüller sind da auch: der Übergang des Kampener und Wenningstedter Campingplatzes. Die sollte man unbedingt gehen. Aber eben aus anderen Gründen auch diese Vier:

Weite Dünenlandschaft mit Grasbewuchs, die sanft zum Meer hin abfällt. Im Hintergrund ist das Meer unter einem wolkigen Himmel sichtbar.
© Peter Bender | Sylt Marketing

Kategorie 4

Die Evergreens

Die Strände, die Sylts Image ausmachen und immer sofort genannt werden, wenn es um die Insel geht. Wenn wir zuvor auch ein paar Insider-Beaches verraten haben - diese vier im Quartett sind die „Klassiker“.

Strandvariationen

Spielerweiterung mit den Klassikern

  • Hundestrände
    An diesen Stränden können sich Hunde austoben. Mancherorts besteht ganzjährig Leinenpflicht.

  • FKK-Strände
    Hüllenloses Badevergnügen: An diesen Sylter Stränden kann die Freikörperkultur zelebriert werden.

  • Familienstrände
    Diese Strände sind durch ihre Lage oder Spielplätze vor Ort besonders für Familien geeignet.

  • Bewachte Strände
    An diesen Stränden sind von Mai bis September Rettungsschwimmer vor Ort. Auf die Beflaggung achten!

Beach-Gastro

Mal testen ...

Strandrestaurant Kap-Horn zwischen Dünen mit Sonnenuntergang im Hintergrund, Strandkörbe und Flaggen davor.
© Kap-Horn | photonagel

Mit der Brandung im Blick schmeckt der Fisch fast wie selbstgefangen. In den Standbistros, die sich wie Perlen an der Sylter Küste aneinander reihen, ersetzt Lässigkeit den Dresscode. Zum Meeresrauschen gesellen sich gern loungige Klänge, die mit der untergehenden Sonne auch in schnellere Beats übergehen.

Onkel Johnny“ in Wenningstedt, „Strandmuschel“, „Samoa“ und „Sansibar“ in Rantum, „S-Point“ und „Beachhouse“ in Westerland, die „Buhne 16“ und das „Kaamps 7“ in Kampen, das „Strænd“ oder das „Kap-Horn“ in Hörnum: Das sind die Klassiker, die alle kennen und schätzen. Hier noch ein paar Youngster.

Schneller Strand-Knigge

Da, wo viele Menschen an einem Ort sind, gibt es Regelbedarf. Das gilt auch für die Sylter Strände.

  • Als Strandgänger, Kiter oder Wellenreiter ist Rücksichtnahme auf die Natur, auf die Tierwelt und natürlich auf andere Menschen das oberste Gebot.

  • Gleiches gilt für Hunde und ihre Frauchen und Herrchen. Wie man sich mit den Hunden am Stränd verhält? Was geht und was nicht? Hier unser Flyer.

  • Kippen, Leergut und Müll aller Art wieder mitzunehmen, ist Ehrensache.

  • Die Nordsee ist kein Badeteich. Deshalb verlangt dieses kleine, raue Meer den Badenden bei aller Verzückung auch immer wieder hohen Respekt ab. Die Regeln der Rettungsschwimmer*innen sind unbedingt zu befolgen und sich schlau zu machen über Strömungsverhältnisse, Brandungsstärke, Beflaggung etc. macht superviel Sinn.

  • Das Burgenbauen an den Sylter Stränden ist verboten, insbesondere um die Strandkörbe herum - damit die Teams der fünf Sylter Tourismusbetriebe die rund 8000 Sitzmöbel bei Sturm leichter bergen können. 

  • Feuer oder Grillen ist grundsätzlich verboten.

  • Drachen steigen lassen geht nur an den dafür ausgewiesenen Abschnitten.

  • Mit dem Fahrrad an den Strand zu fahren, ist immer schlauer als mit Auto.

  • Die Initiative "Bye Bye Plastik" bittet im Sommer 2024 alle Strandgäste, folgenden Trend aus Schweden mitzumachen: Plogging heißt es, wenn man sich während des Läufchens am Meer immer wieder bückt und Müll einsammelt. Damit ist die tägliche gute Tat für sich und die Umwelt auch schon im Kasten.

Sechs Fragen an den

Aufs-Wasser-Gucker

Mann im karierten Hemd steht lächelnd vor dem Wattenmeer im warmen Abendlicht.
© Roman Matejov

Jan Krüger ist Friese wie aus dem Bilderbuch. Deswegen sind seine Interview-Antworten auch nicht so lang. Als Wirt des „Beachhouse"-Restaurants in Westerland hat er 25 Jahre lang professionell aufs Wasser geguckt. Natürlich nur dann, wenn seine Gäste das zuließen. Rettungsschwimmer durften sein Zwillingsbruder Jürgen, sein kleiner Bruder Kai und er selbst trotz aller Begabung nicht werden, weil ihr Papa Peter (fuhr zur See und konnte wie viele Seemänner nicht schwimmen) dagegen war. In seiner Post-Gastronomen-Ära ist Jan nun endlich professionell in der Natur seiner geliebten Heimatinsel unterwegs: Jan ist zertifizierter Gästeführer und Nationalparkpartner und erklärt interessierten Menschen aller Himmelsrichtungen auf seinen Touren die Wunder von Watt, Salzwiesen und Weststrand.

Jan, woraus besteht Sandstrand?

Jan: Vor allem aus Steinen der Flüsse Nordeuropas, die 1.000 Millionen Jahre lang hierher gespült und geschliffen wurden, bis sie so fein waren, dass sie das Qualitätssiegel „Original Sylter Sandstrand“ bekamen.

Seit 1984 sind die jährlichen Sandvorspülung das anerkannteste Mittel, um die Sylter Westküste zu schützen. Ist unser Strand also noch echt?

Jan: Klar, manchmal ist der „neue“ Sand vom Meeresgrund etwas gröber - aber genauso echt.

Wie ist der Zustand des Sylter Strandes, Stand Mai 2024?

Jan: Eindrucksvoll, was über die Jahre z.B. in Rantum für Vordünen durch die Sandvorspülungen entstehen konnten. Gleichzeitig ist das Niveau des Strandes aktuell an vielen Stellen sehr niedrig, wodurch das Wasser bei Sturm schnell am Dünenfuß ist.

Welche Tiere von all den kleinen und großen Wesen am Weststrandstrand faszinieren Dich am meisten?

Jan: Der Schweinswal ist mega. Im kleinen Bereich: die Strandkrabbe - mutig, wehrhaft und sieht so schön archaisch aus.

Was fasziniert Dich bei aller Kenntnisse über Strömungen, Gezeiten, Strandlebewesen usw. selbst am meisten?

Jan: Solange ich auf der Welt bin, habe ich noch nie zwei Tage am Weststrand erlebt, die gleich waren. Das Zusammenspiel aus Wind, Wolken, Licht, Wellen, Gerüchen und Geräuschen geht täglich eine neue, oft überraschende Verbindung ein.

Deine Lieblingsstrände?

Jan: Kommt drauf an, was ich vorhabe: für den Strandtag mit Familie und Freunde kann man uns irgendwo zwischen Rantum und Westerland finden.

  • Imke Wein