Ortsgeschichte

Entdecke über 700 Jahre Ortsgeschichte von List auf Sylt

Unsere Historie

Der Lister Zollstein

Vor 337 Jahren ließ der Dänische König Christian V. in List auf Sylt einen Zoll für den Schiffshandel einrichten. List war, anders als das übrige Sylt, Dänemark zugehörig. Das Gewässer um den Hafenort List bot dem Handelsverkehr auf dem Wasserwege besonders gute Voraussetzungen, so dass der Schiffsverkehr stetig zunahm. Die Handelspartner aus den umliegenden Ländern segelten die Westküste entlang und tauschten ihre Fracht in den Hafenorten. Da die umliegenden Gewässer des Lister Tiefs zum Herzogtum Schleswig bzw. Königreich Dänemark gehörten, galten automatisch unterschiedliche Gesetze, die automatisch zu diversen Warenströmen führten. 

Dieser Handel war nicht Gesetzeskonform und ließ somit den Schmuggel aufblühen. Dies alles geschah im Lister Tief bis 1680 zollfrei – dann schob König Christian V. dem Treiben im Lister Hafen einen Riegel vor und allen Schiffen, die über List auf Sylt zum Festland oder entlang der Westküste segelten, wurde dadurch Einhalt geboten. 

Um die neue Zollverordnung zu koordinieren sorgte der König für den Bau einer Zollstätte. Die Zollkammer wurde errichtet und im Ostgiebel über der Eingangstüre mit einem Zollstein versehen. Dieser Zollstein ist im Sylter Heimatmuseum ausgestellt. Als Material wurde Sandstein genutzt und das Monogramm des Königs Christian V. sowie dessen Wahlspruch „Pietate et Justitia“ (Frömmigkeit und Gerechtigkeit) eingearbeitet. Außerdem lässt sich die Jahreszahl 1682 vorfinden und im unteren Feld ist auf Dänisch vermerkt: „ListerDybsToldCammer“ (Lister Tief Zollkammer).

Die Freude bei den Händlern über diese zusätzliche finanzielle Belastung hielt sich in Grenzen. Sie versuchten den Zoll zu umgehen und umschifften List auf Sylt. Dies führte dazu, dass der König erneut, unter Androhung von drastischen Strafzöllen, auf die Abgabe verwies. Fortan mussten alle Schiffe, die Sylt passierten, mindestens in List anlegen und ihre Gebühr entrichten. Wer dies nicht leisten konnte, sollte seinen Zoll bei den umliegenden Zollstationen wie bspw. Amrum entrichten. 

1694 wurde die Lister Zollstation nach Hoyer verlegt. Über die Zollabgaben wurde weiterhin debattiert. Sylt erhielt erst 1816 wieder eine Zollstelle. Diese dann in Keitum, da der Lister Hafen versandete. Später wechselte das Amt nach Westerland über.

Was passierte mit dem Lister Zollhaus? Die Lister erhielten die Möglichkeit, gegen ein geringes Entgelt dort zu wohnen. So zog 1829 Hans Nielsen in dieses Haus, 1830 wurde dann die Witwe von Niels Möller Besitzerin der ehemaligen Zollstation.

Letztlich wurde das Haus 1935 abgerissen. Der Stein blieb als Erinnerung und Zeugnis dieser spannenden Sylter Geschichte.

Wolfgang von Gronau

Ein Traum geht in Erfüllung: Von List nach New York

„Eines Tages“, malte sich der der ehrgeizige Offizier Wolfgang von Gronau, der es später einmal bis zum Generalmajor bringen soll, aus „werde ich mit meinem Wasserflugzeug nach New York fliegen.“ Sein Wunsch erfüllte sich im Jahr 1930. Wolfgang von Gronau leitet zu dieser Zeit die Verkehrsfliegerschule in List auf Sylt, und sein Auftrag am 18. August diesen Jahres lautet: „Fliegen Sie mit Ihrer Maschine das Nordkap an und kehren Sie dann nach List zurück.“

14:20 Uhr hebt die zweimotorige „Dornier Wal D 1422“ bei völliger Windstille ab, an Bord ein Brennstoffvorrat von 2350 Litern. Als die Maschine mit dröhnenden Motoren in die Wolken aufsteigt, wissen auch die drei übrigen Besatzungsmitglieder nicht, dass von Gronau insgeheim seine eigene Reiseroute ausgearbeitet hat. Erst zwei Tage später, in Island, stellt er den Kameraden die Gretchenfrage: „Ich will weiter nach New York. Fliegt Ihr mit?“ Kopilot Eduard Zimmer, Funker Fritz Albrecht und Bordwart Franz Hack nicken – und daheim tobt der Verkehrsminister: Lapidar hatte von Gronau nach Berlin gekabelt: „Fliegen, Einverständnis vorausgesetzt, über Grönland nach USA.“


150 Kilometer schafft das „Dornier“-Flugboot in der Stunde. Nach 44 Stunden, 25 Minuten und 6785 Flugkilometern landet die Maschine im Hafen von New York. Später erinnert sich der Flugpionier: „Als wir am Nachmittag des 26. August New York erblicken, ist der Traum Wirklichkeit geworden. Ungeheuer ist der Eindruck der Wolkenkratzer. Dann ein großer Moment: Die Kurve um die Freiheitsstatue. Die Landung im Hafen mit seinem großen Schiffsverkehr ist nicht ganz einfach. Endlich, 16:35 Uhr, landen wir.“ Es gibt einen großen Bahnhof für die Helden der Lüfte. Menschenmassen und Medienvertreter strömen neugierig an den Hafen, die Crew gibt ein Interview nach dem anderen. Aus Deutschland schickt der Reichsverkehrsminister, nun wieder versöhnlich gestimmt, ein Telegramm: „Mit Stolz über den kühnen Flug, mit dem Sie dem Ansehen unseres Volkes in der Welt einen guten Dienst erwiesen haben, grüße ich Sie und Ihre Besatzung.“ Wolfgang von Gronau und seine Männer werden von einem Empfang zum nächsten gereicht. Unter anderem zu einem Dinner in Anwesenheit von Charles Lindbergh, „was einen besonderen Reiz besaß“.

Doch der gesellschaftliche Höhepunkt steht noch bevor. Am 4. September notiert Wolfgang von Gronau: „Abends Bahnfahrt nach Washington. Wir sind beim Präsidenten angemeldet als Krönung unseres Aufenthalts in den Vereinigten Staaten.“ Eine Seite weiter und einen Tag später: „Präsident Hoover ist äußerst liebenswürdig und gesprächig. Wir werden gemeinsam gefilmt und fotografiert. Dann ist der denkwürdige Augenblick vorbei.“ Zwei Jahre später stellt sich der nunmehr populäre Pilot einer neuen Herausforderung: Ein Flug um die ganze Erde soll es diesmal sein. Als er am 24. November 1932 von seiner Weltreise zurückkehrt, bereiten ihm die Sylter einen begeisterten Empfang und begrüßen ihn am Lister Hafen mit einem dreifachen „Hurra“. Bunte Girlanden flattern im Wind, der Musikverein spielt einen Marsch, und die Schulkinder singen folgerichtig „Kommt ein Vogel
geflogen“.

Die Gemeinde List verleiht Wolfgang von Gronau 1932 die Ehrenbürgerschaft, was die Kommune nicht nur zur Verleihung einer Urkunde und der Zahlung von 50 Reichsmark verpflichtet, sondern auch zu einem unentgeltlichen Begräbnis. Seit 1977 ruht der Lister Flugpionier auf dem kleinen Friedhof inmitten der Lister Dünen. Am Lister Hafen legt eine Gedenktafel beredtes Zeugnis seiner Taten ab, und im legendären „Guinness-Buch der Rekorde“ hat er durch seinen Flug nach New York das ewige Superlativ „Die erste Ost-West-Atlantiküberquerung mit einem Flugboot“ errungen.

Die Lister Zeitkapsel

Grundsteinlegung für das “Haus des Kurgastes”

Ohne Gegenstimme stimmten die Lister Gemeindevertreter 1973 für den Bau des Haus des Kurgastes (HdK) im nördlichsten Inselort, nachdem die ersten Planungen bereits mehr als zwanzig Jahre zurücklagen. Man war sich einig, dass „das Kurgeschehen des Ortes nicht stagnieren“ dürfe und List ein „modernes Seebad“ werden solle. Das HdK sollte nicht nur dem Fremdenverkehr dienen, sondern auch als Begegnungsstätte für Einheimische und die in List stationierten Soldaten genutzt werden.

So wurde am 05.12.1975 der Grundstein für das Haus des Kurgastes gelegt. Die Zeitkapsel, die bei diesem Anlass im Grundstein eingemauert wurde, enthielt die Grundsteinlegungsurkunde, den Bauplan, einen kompletten Satz Münzen aus dem Jahre 1975, ein Exemplar der Tageszeitung vom Tag der Grundsteinlegung und einen symbolischen Schlüssel. Auf einer überbauten Fläche von 1.640 Quadratmetern entstanden nun ein Hallenbad, eine Trink-Kurhalle, die Räume der Kurverwaltung, ein gastronomischer Betrieb und ein Veranstaltungsaal für 400 Personen.

Von 1977 bis 2000 war das Gebäude in Betrieb. Danach stand es eine Zeitlang leer, bis das Gelände an die Arosa-Gruppe verkauft wurde. 2009 wurde dort das Arosa-Hotel eröffnet.

Als das HdK abgerissen werden sollte, informierte einer der 1975 bei der Grundsteinlegung anwesend gewesenen Arbeiter die Abrissfirma und bat um Bergung der Zeitkapsel. Auf seine Initiative hin wurde die Kapsel gerettet.

Er bot sie daraufhin zwei Lister Bürgermeistern an, die jedoch kein Interesse zeigten. Der Retter der Kapsel übergab diese dann einem Freund, und zu guter Letzt fand dieses Stück Lister Geschichte Anfang 2023 seinen Weg in die Lister Verwaltung. Dankenswerterweise übergab der Lister Bürgermeister Ronald Benck die Kapsel samt Inhalt dem Sylter Archiv. Dort wird dieses Stück Lister Geschichte nun verwahrt und kann einmal seinen Beitrag leisten zur Erforschung der Geschichte des Ortes List im 20.Jahrhundert.

Von der Kurstrandhalle zur Weststrandhalle

Eine wechselvolle Geschichte liegt hinter dem Restaurant „Weststrandhalle“, welches idyllisch in den Lister Dünen nahe der Nordsee stand. Dessen Historie begann 1949, als am Lister Weststrand ein Behelfsrestaurant aus Holz erbaut wurde, die „Kurstrandhalle“. 

Bereits drei Jahre später wurde das Gebäude modernisiert und auf 80 Plätze erweitert. Doch auch diese Kapazität erwies sich bald als zu gering: 1959 wurde die hölzerne Strandhalle abgerissen und durch einen Neubau mit 260 Plätzen ersetzt.

Die „Sylter Kurzeitung“ berichtete seinerzeit: „Die alte Baracke hat ein für alle Mal ausgedient, der moderne Neubau liegt um etliche Meter weiter düneneinwärts. Noch schöner wird man künftig bei Tomatensuppe und Käsekuchen den grandiosen Ausblick genießen können. Neben der Restauration bleibt auch Platz für eine kleine Wandelhalle mit Meerwasser-Ausschank, einen Leseraum und einem Kiosk. 

Im Laufe der folgenden Jahre rückte das Meer indes bedrohlich näher – und forderte in der Nacht vom 5. zum 6. November 1985 seinen Tribut: Eine schwere Sturmflut hatte die Dünen bei der Strandhalle dermaßen abgetragen, dass eine Weiter-führung des Betriebes nicht mehr gewährleistet war. Die Konsequenz: Die „Kurstrandhalle“ wurde abgerissen und unter dem Namen „Weststrandhalle“ gut hundert Meter weiter östlich binnen zehn Wochen neu erbaut.

Pächter war seit der Eröffnung 1986 das Ehepaar Gertrude und Ulrich König. Bereits 1978 hatte es die beiden gebürtigen Österreicher an die Nordseeküste verschlagen – was zunächst als Saisonjob geplant war, wurde zu einer neuen Existenz: 1981 machte sich das Ehepaar König mit einem Restaurant in List auf Sylt selbstständig, fünf Jahre später nahmen sie gern das Angebot der Kurverwaltung List auf Sylt an, die neue „Weststrandhalle“ zu führen.

Noch gut kann sich Ulrich König an die Szenerie nach der Sturmflut 1985 erinnern: „Die Dünenkante reichte quasi bis vor die Haustür, die Nebengebäude waren bereits auf den Strand gestürzt.“ Die Optik des Restaurants hat sich seit der Eröffnung indes kaum verändert: Rustikal und ohne Schnörkel präsentiert es sich außen wie innen mit viel Holz. „Wir sind unserer Linie treu geblieben“, sagt Ulrich König und die vielen (Stamm-)Gäste danken es ihm. Zu den prominentesten Besuchern gehörte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl: Er besuchte die „Weststrandhalle“ im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung und ließ sich dort die Krabben schmecken.

Seit 2016 trägt die ehrwürdige Weststrandhalle den Namen Wonnemeyer.

Von der Schule zur Kurverwaltung List auf Sylt

Wo sich heute der Sitz der Gemeinde und Kurverwaltung List auf Sylt befindet, übten vor wenigen Jahren noch Kinder fleißig das kleine Einmaleins: Von 1935 bis 2007 war das markante Backstein-Gebäude im Landwehrdeich das Domizil der Lister Grundschule. 

Nachdem die Lehranstalt wegen zu geringer Schülerzahlen geschlossen wurde, nehmen nun die Lister Kinder ihren Unterricht in der Norddörfer-Schule Wenningstedt wahr. Die Räumlichkeiten der ehemaligen Schule wurden grundlegend saniert, modernisiert und von der Gemeindeverwaltung, der Kurverwaltung List auf Sylt, dem DRK und der örtlichen Bücherei bezogen.

Bewahrt geblieben ist indes die markante Außenfassade des lang gezogenen Gebäudes, und auch die Bronzestatue vor dem Eingang hat ihren Platz behalten. Im Volksmund nur „Emil“ genannt, wurde die Statue, die einen Zehnkämpfer abbildet, an dieser Stelle 1938 aufgestellt.

Mit Schließung der Grundschule währte die Geschichte des Lister Schulwesens exakt 162 Jahre. Begonnen hatte sie 1820, als alte Kapitäne regelmäßig unterrichteten. 1838 wurde sie geschlossen, da nur noch ein Kind die Schule besuchte. 1863 gab es einen Neuanfang, als in der Straße „Am Brünk“ eine Schule nebst einem kleinen Kirchensaal eingerichtet wurde. 1935 erfolgte der Umzug in das neu erbaute Domizil im Landwehrdeich. Bedingt durch die Flüchtlingsströme erreichte die Schülerzahl 1951 die Rekordmarke von 575; in jenem Jahr zählte List auf Sylt mehr als 4000 Einwohner. 1972 komplettierten der Anbau einer Turnhalle und einer Pausenhalle das Gebäude mit seinen zwölf Klassenräumen.